Programm – China-Institut Frankfurt

Globales China – wie sich China in der Welt positioniert

Eine Vortragsreihe des China-Insituts an der Universität Frankfurt 2025

Spätestens mit Beginn der Corona-Pandemie wurde die Vermutung, dass die wirtschaftliche Globalisierung der Welt mit immer engerer Vernetzung und idealerweise größerer individueller Freiheit einhergehen würde widerlegt. Praktisch alle Staaten der Welt reagierten auf den Ausbruch der Pandemie mit Einschränkungen der Reisefreiheit, Lieferketten wurden unterbrochen, politische Freiheiten wurden beschränkt und neu ausbrechende kriegerische Konflikte drohen zu einem Normalfall in der postpandemischen Welt zu werden. Aber auch diese neue Phase der Unsicherheit entbindet Staaten nicht von der Notwendigkeit, sich in einer zunehmend unwirtlicher erscheinenden Welt zu positionieren. Das gilt keineswegs nur in Bezug auf die Außenpolitik, sondern genauso mit Blick auf eine Vielzahl von anderen Aspekten. Die Frage nach Methoden der Datenerhebung und der Verlässlichkeit von veröffentlichen Daten z.B. hat weitreichende Auswirkungen nicht nur auf die Bereitschaft ein Land in globale Wirtschaftsströme einzubinden, sondern auch auf alle Versuche, die Leistungsfähigkeit des Landes einzuschätzen – und damit auch seine relative Position in einer globalen Ordnung. Die Effizienz von Innovation und die Bedeutung, die die Regierung eines Landes ihr beimisst, sind unverzichtbare Gradmesser für die Position aber zunehmend auch die Ambitionen eines Landes. Die Frage schließlich, was unter „global“ überhaupt zu verstehen ist, stellen sich vor dem Hintergrund des Aufstieges des „Global South“ mit zunehmender Dringlichkeit. Die Vortragsreihe des China-Instituts „Globales China – wie sich China in der Welt positioniert“ setzt die letztjährigen Vorträge im Rahmen der Reihe „China in Xi Jinpings neuer Ära“ fort. Dem China-Institut ist es gelungen, hervorragende Spezialisten für Themen zu gewinnen, deren Bedeutung allgemein anerkannt ist, die aber selten in der gebotenen Tiefe und dem notwendigen kritischen Blick behandelt werden. Die Vortragsreihe versteht sich damit auch als ein Beitrag zu der vielbeschworenen „China-Kompetenz“, die – wenn wir davon ausgehen, dass China in der nahen Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen wird – keineswegs auf die Gruppe der akademischen Spezialisten beschränkt bleiben sollte, sondern tatsächlich auch ihren Widerhall in weiteren Gruppen der Bevölkerung finden muss.
 
July

Exzentrische Kunst im vormodernen China? Betrachtung eines Fächerblatts von Huang Shen (1687-1772)


10. July 2025 | Thursday | Zeit: 18:00

Dr. Shao-Lan Hertel wird zum Thema „Exzentrische Kunst im vormodernen China? Betrachtung eines Fächerblatts von Huang Shen (1687-1772)“ vortragen.

Der kalligrafische Duktus der frühen Qing-Zeit wendet sich von der geschmeidigen Kursivschrift in der orthodoxen Tradition der Jin-Zeit ab. Eine neue Mode gründet sich in der epigrafischen Wertschätzung altertümlicher, als roh, naiv und unverfälscht geltender Steininschriften. Ein antiquarisches Fieber prägt den kalligrafischen Zeitgeist der Qing. Verschiebungen des kollektiven Geschmacks verankern nicht zuletzt das tiefer liegende Trauma gebrochener Beamtengelehrter im Zuge des Ming-Qing-Übergangs. Ein heute im Berliner Museum für Asiatische Kunst aufbewahrtes Fächerblatt mit kalligrafischer Gedichtinschrift des populären Figurenmalers Huang Shen (1687–1772) erlaubt es in seinem zeitlich-räumlichen Entstehungskontext die bedeutenden früh-Qing-zeitlichen Veränderungen im ästhetischen Diskurs nachzuzeichnen. Kunsthistoriografisch wird Huang in die Rubrik der sogenannten „Acht Exzentriker von Yangzhou“ eingereiht, wenn auch er als Berufsmaler zu den wohl unglamourösesten Vertretern dieser exklusiven Gruppe zählt. Die elitäre Abwertung Huangs, dessen Schaffen „never seems really wild at all“ (James Cahill), ändert nichts an der bemerkenswerten Tatsache, dass dieses den exzentrischen Mainstream am Puls der Zeit trifft und einen massentauglichen Stimulus setzt, der den erblastigen Begriff des Exzentrischen ein wenig umkehrt.

Shao-Lan Hertel ist Direktorin des Museums für Ostasiatische Kunst in Köln. Sie studierte in Berlin, Paris, Peking und Hangzhou und wurde in Berlin promoviert. Sie war als Gastprofessorin an der FU Berlin tätig und hat vor ihrer Rückkehr nach Deutschland im Art Museum der Tsinghua-Universität in Beijing gearbeitet.

Zeit: Donnerstag, 10. 07.2025, 18:00 Uhr
Ort: Goethe-Universität Frankfurt am Main, Campus Westend, Cas. 1.802

Unkostenbeitrag: 10 EUR, Studierende: 3 EUR, kostenfrei für Mitglieder des China-Instituts
Anmeldung: mehrer@em.uni-frankfurt.de

June

Demokratische Erosionen, autokratische Schließungen und globale Menschenrechte: ein Vergleich zwischen China und den USA


12. June 2025 | Thursday | Zeit: 18:00

Prof. Dr. Eva Pils wird zum Thema „Demokratische Erosionen, autokratische Schließungen und globale Menschenrechte: ein Vergleich zwischen China und den USA“ vortragen.

Die Autokratisierung – die Erosion demokratischer Praktiken und die weitere Festigung autokratischer Herrschaft – ist ein globaler Trend, der sich in unterschidlichen politischen Systemen manifestiert. Dieser Vortrag untersucht die Auswirkungen dieses Phänomens auf das inter- und transnationale Menschenrechtsrecht. Anhand der Beispiele Chinas unter Xi Jinping und der USA unter Präsident Trump vergleicht er die Strategien gefestigter Autokratien mit denen erodierender Demokratien. Dabei wird argumentiert, dass die Unterschiede auf die unterschiedlichen Handlungsspielräume und Ausdrucksformen von Menschenrechtsverteidiger*innen und der Zivilgesellschaft zurückzuführen sind. Um diese Dynamiken zu verstehen, muss die Rolle der Menschenrechte für den Widerstand gegen Autokratisierung verstanden werden.

Eva Pils ist Professorin für Human Rights Law (Alexander von Humboldt-Professur) und Kodirektorin des Centre for Human Rights (CHREN) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Sie hat Rechtswissenschaft, Philosophie und Sinologie in Heidelberg, London und Peking studiert und am University College London im Fach Rechtswissenschaft promoviert. Bevor sie 2024 an die FAU kam, war sie an der juristischen Fakultät der Chinese University of Hong Kong sowie am King’s College London tätig, wo sie 2018 zur Professorin für Rechtswissenschaft berufen wurde. Sie ist affiliierte Wissenschaftlerin am US-Asia Law Institute der NYU School of Law, Gastprofessorin an der School of Law der Queen Mary University of London und assoziiertes Mitglied des Lau China Institute am King’s College London.

Zeit: Donnerstag, 12.06.2025 18:00 Uhr
Ort: Goethe-Universität Frankfurt am Main, Campus Westend, HZ 14

Unkostenbeitrag: 10 EUR, Studierende: 3 EUR, kostenfrei für Mitglieder des China-Instituts
Anmeldung: mehrer@em.uni-frankfurt.de